„Besessenheit ist der Motor, Verbissenheit die Grenze“

Aktualisiert am 05.08.2019

„Laufsport an der Grenze – Zwischen körperlicher Höchstleistung und psychischer Abhängigkeit“ Am 2. August versammelte das Europäische Trail Running Symposium Pitztal die Referenten Sabrina Mockenhaupt, Florian „Trailbeard“ Grasel und Professor Otmar Weiss zur 5. Auflage am Dach Tirols.

Starreferentin des diesjährigen Symposiums -Sabrina „Mocki“ Mockenhaupt – machte ihrem Ruf als eine der schillerndsten Figuren der deutschen Frauen-Leichtathletik alle Ehre. Die 45-fache Deutsche Meisterin und 3-fache Olympiateilnehmerin genoss mit unzensierter Ehrlichkeit und freier Eifler Schnauze beim diesjährigen Trail Running Symposium ungeteilte Aufmerksamkeit. Seit 2001 aktive Läuferin brachte sie mit ihrem Vortrag „Immer an der Schwelle“ einiges an schmerzlichen Erfahrungen und Diskussionsmaterial mit.  Das „viel nicht immer viel ist“, „die körperliche Gesundheit das letzte Wort hat“ und der Laufsport schlussendlich „nur laufen“ bleibt, konnte sich die zierliche Siegenerin erst nach verletztem Körper, Stolz und Herz eingestehen. „Besessenheit ist der Motor, Verbissenheit die Grenze. Da geht dann gar nichts mehr und du musst aufhören in Bestzeiten zu denken.“ so Mockenhaupt, die sich die letzten Wochen als Teilnehmerin bei der RTL-Show Lets-Dance vom Laufsport abgelenkt hat.

Anders als Mockenhaupt hat Florian „Trailbeard“ Grasel seine körperlichen Grenzen früher erkannt. Auch wenn er heute noch ab und zu mit Blasen an den Füßen ins Ziel rennt, seine #lifeworktrailbalance hat der sympathische IT-Unternehmer und international bekannte Trailrunner im Griff. Insgesamt dreißig Regeln umfassen seine Philosophie, um im Laufsport mit den eigenen Leistungen zufrieden und mit seinem ausgefüllten Privat- und Berufsleben in Balance zu bleiben. Eine davon: in kleinen Schritten denken! Sowieso ein Muss für den frisch gebackener Vater von Zwillingen, der seine Familie ganz klar vor den Laufsport stellt.

Auf die Frage hin, ob Sport wirklich psychisch abhängig machen kann, findet Professor Otmar Weiss von der Universität Wien entschärfende Worte: „Die Sehnsucht nach sozialer Anerkennung ist bei uns Menschen immer da. Gerade im Sport ist diese Anerkennung durch volle Stadien, jubelndes Publikum und Aufmerksamkeit in den neuen sozialen Medien gut spürbar. Hinzu kommt: Steigerungen im Sport gehen immer, was wiederum wieder mehr Anerkennung verspricht – eine Spirale. Aber anders wie bei der Alkohol- oder Drogensucht findet bei einer „Sportsucht“ keine physiologische Veränderung des Gehirns statt. Sport ist unter Berücksichtigung des körperlichen und psychischen Möglichen immer noch das beste Medikament.“

In einem Punkt sind sich alle Referenten bei der anschließenden Diskussionsrunde einig: Facebook, Instagram und co. machen das Streben nach sozialer Anerkennung nicht leichter, sondern setzen die Grenzen im Sport nur höher. Aber sollte sich jemand aus dem heutigen Publikum in einer Negativspirale Sport wiederfinden, zwei Lösungswege hat er nun gewiss: Achtsamkeitstraining à la Trailbeard und ein herzliches „jetzt reicht’s aber mit dem Quatsch“ à la Mocki. 

Das Europäische Trail Running Symposium im Pitztal war bereits zum 5. Mal Auftaktveranstaltung vom legendären Pitz Alpine Glacier Trail. Am Freitag, den 2. August schickte das Pitztal seine Läufer wieder auf 6 verschiedene Distanzen rund um den Pitztaler Gletscher.

Downloads