Bhutan zu Gast am Wilden Kaiser

Aktualisiert am 01.08.2023

Ideen für die Entwicklung der Tourismus-Strategie für Bhutan mitzunehmen war das Ziel des Besuchs.

Vom Tourismus- bis zum Kulturministerium: 10 Vertreter*innen aus dem Königreich Bhutan waren zu Gast am Wilden Kaiser. © TVB Wilder Kaiser/Theresa Aigner

Eine 10-köpfige Delegation aus Bhutan war kürzlich zu Gast am Wilden Kaiser. Ziel des Besuchs war, sich in der Tiroler Vorbild Region zu den Themen „Lebensqualität“ und „Arbeiten im Tourismus“ zu informieren und gute Ideen für die Entwicklung der Tourismus-Strategie für Bhutan mitzunehmen.

Wenn wir in europäischen Medien über das weit entfernte Bhutan lesen, hat das meistens mit zwei Themen zu tun. Erstens: Dem sogenannten „Glücks Index“ – einer landesweiten Messung, die sich nicht an wirtschaftlichen Kennzahlen, sondern an Faktoren des menschlichen und gesellschaftlichen Wohlbefindens orientiert. Der zweite Grund, warum jedenfalls aufmerksame Urlauber*innen bzw. Touristiker*innen über das Land lesen, ist die Tourismusabgabe in der Höhe von rund 200 US-Dollar pro Person pro Tag. Über beides wurde auch beim Besuch der Delegation aus Bhutan am Wilden Kaiser gesprochen – der Grund ihrer Reise nach Österreich bzw. nach Tirol, war aber ein umfassenderer.

Bhutan ist gerade dabei eine neue Tourismus-Strategie zu entwickeln und hat deshalb eine Delegation nach Österreich geschickt, die hier unterschiedliche Vorbild-Regionen besucht hat. Eine davon war die Region Wilder Kaiser mit ihren vier Orten Going, Ellmau, Scheffau und Söll. Organisiert und betreut wurde die Reise von Kohl & Partner, die ihrerseits Expert*innen im Bereich Tourismus-Entwicklung sind. Von besonderem Interesse waren beim Besuch am Wilden Kaiser am Freitag, den 28. Juli 2023, die Themen Lebensqualität und Arbeiten am Wilden Kaiser. Gilt die Region im Tiroler Unterland doch bei beiden Themen als Vorreiterin. Damit diese Themen nicht nur mit den richtigen Expert*innen – TVB-Geschäftsführer Lukas Krösslhuber und Kaiserschafts-Verantwortliche Katie Tropper – sondern auch im richtigen Ambiente besprochen werden und die Delegation einen Eindruck vom Urlaubsgrund Nummer 1 am Wilden Kaiser bekommt, haben die Verantwortlichen einen kleinen Ausflug in die Höhe organisiert.

Mit der Seilbahn hoch hinaus

Treffpunkt am Morgen war der Kirchplatz in Going, denn wo könnte man einen besseren Eindruck vom Charme eines Tiroler Bergdorfs bekommen, als mitten im beschaulichen Kaiser-Ort? Von dort spazierten die Gruppe mit TVB-Obmann Hans Adelsberger, der selbst in Going zuhause ist, zum Astberglift um die schnellste und gemütlichste Variante hinauf auf den Berg zu nehmen. Oben angekommen ging es eine Runde um den Astbergsee, inkl. Erinnerungsfoto am wohl beliebtesten Foto-Spot der Region – dem sogenannten „Lieblingsplatzl“ am See. Ein kleines Stückchen unterhalb des Sees, im sogenannten „Kaiser Kino“, folgte dann der inhaltliche Austausch zwischen Wildem Kaiser und Bhutan.

Start des gemeinsamen Vormittags war am Goinger Kirchplatz. © TVB Wilder Kaiser/Theresa Aigner

Bei einer kleinen Frage-Antwort-Runde ging es an die Inhalte: Mittels drei Fragen an TVB-Geschäftsführer Lukas Krösslhuber und an Katie Tropper wurden die zentralen Herausforderungen im Tourismus besprochen. Sei es „Tourismusgesinnung & Mitgestaltung“ oder „Mobilität“: „Wir arbeiten für einen Tourismus, der unseren Lebensstandard absichert, aber weder den Menschen noch der Natur schadet. Die Lebensqualität aller durch einen wertschöpfungsintensiven, aber verträglichen Tourismus weiter zu erhöhen, ist die Grundlage all unserer Entscheidungen“, so Krösslhuber zum grundlegenden Verständnis von Tourismus in der Region. „Eines der größten Themen in dem Zusammenhang ist der Verkehr. Als TVB haben wir eigene Mobilitätslösungen geschaffen – etwa einen gratis Bus durch die Region, Angebote zur Bahnanreise – die wir ständigausbauen und weiterentwickeln.“ Aber auch aktuelle Themen wie der Klimawandel und seine Auswirkungen auf den Tourismus, was sich insbesondere im Mittelmeerraum derzeit drastisch beobachten lässt, war ebenso Thema beim internationalen Austausch wie die Auswirkungen der Teuerung auf das Reiseverhalten.

TVB Geschäftsführer Lukas Krösslhuber gab Einblicke in die Tourismus-Strategie der Region Wilder Kaiser. © TVB Wilder Kaiser/Theresa Aigner

Beim Thema Arbeiten dominierte vor allem das Thema Personalsuche und die Bindung von Mitarbeiter*innen das Gespräch: Benefits wie die Wilder Kaiser „StaffCard“ war genauso von Interesse für die Delegation wie die sich wandelnde Arbeitswelt und berufliche Erwartungshaltungen – sowohl auf Seiten der Arbeitgeber*innen wie auch der Arbeitnehmer*innen. „Die Menschen wünschen sich eine sinnvolle, berufliche Tätigkeit. Und genau dazu laden wir die Leute hier ein: Komm zu uns und gestalte eine neue Art des Tourismus mit uns“, so Katie Tropper, Projektleiterin der Kaiserschaft. „Dafür müssen aber auch die Führungskräfte ausgebildet sein, insofern bieten wir ein 1-jähriges Leadership Programm an, denn mit Menschen zu arbeiten und ein Team zu führen, will auch gelernt sein.“

Katie Tropper tauschte sich mit den Gästen über die aktuellen Herausforderungen bei der Suche nach Arbeitskräften aus. © TVB Wilder Kaiser/Theresa Aigner

„Glücks Index“ und Tourismus-Abgabe: Drei Fragen an die Gäste

Drei Fragen an die Gäste aus Bhutan gab es auch, die dann aber während des gemeinsamen Mittagessens beim Treichlhof in gemütlichem Rahmen besprochen wurden. Denn natürlich wollten  auch die Verantwortlichen vom Wilden Kaiser mehr über das Herkunftsland ihrer Gäste erfahren – thematisch liegen die Themen „Glücks Index“ und „Lebensqualität“ nicht allzu weit auseinander. Und auch der Umstand, dass Bhutan eines der wenigen Länder der Welt ist, das CO2-negativ ist, also mehr CO2 bindet als ausstößt, hat die Tiroler Gastgeber*innen doch etwas genauer nachfragen lassen.

Tashi Tenzin, er arbeitet im direkten Umfeld des Tourismusministers von Bhutan, beantwortete gerne ihre Fragen. „Das ist ganz zentral in der Philosophie unseres Landes. Entwicklung muss immer auf das Wohlbefinden der Menschen und nicht ausschließlich auf ökonomisches Wachstum abzielen. Diese Philosophie baut auf vier fundamentale Säulen: Eine gerechte sozio-ökonomische Entwicklung, den Schutz der Natur, den Schutz des kulturellen Erbes und einer guten Regierungsführung“, erklärt Tashi Tenzin das gesellschaftlich tief verwurzelte Verständnis, das jeder politischen Entscheidung in Bhutan zu Grunde liegt. „Dementsprechend orientiert sich auch die Tourismus-Strategie, die wir gerade entwerfen an dieser Philosophie. Damit das funktioniert, brauchen wir einen gut durchdachten Plan – für den wir uns hier Anreize und Beispiele ansehen wollen.“

Die vergleichsweise sehr hohe Tourismus-Abgabe von rund 200 US-Dollar pro Person pro Tag, die alle, die Bhutan besuchen zahlen müssen, ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzepts. Nicht umsonst heißt die Abgabe „Sustainable Develeopment Fee“. „Dieses Geld wird dazu eingesetzt, Nachhaltigkeit zu fördern und Natur und Kultur zu erhalten. Aber auch Bildung und Soziales wird davon finanziert. Wir wollen damit einen verantwortungsvollen Tourismus fördern, der wiederum unsere Gesellschaft als Gesamtes weiterbringt“, erklärt Tashi Tenzin die hohe Gebühr. „Andererseits ist sie ein Instrument, um uns vor Massentourismus zu schützen. Wir sind ein kleines Land, das zu 70 Prozent mit Wald bedeckt ist, haben eine kleine Bevölkerung und wenig industrielle Produktion – so schaffen wir es auch, unsere CO2-Bilanz negativ zu halten. Unsere Nachbarländer – China im Norden und Indien im Süden – sind zwei der bevölkerungsreichsten der Welt. Hätten wir nicht diese hohe Gebühr, würden wir überrannt. Und das passt wiederum nicht mit unserer Philosophie und dem Gedanken eines ‚Eco Tourism‘, den wir schaffen wollen, zusammen. Wir wollen Gäste, die bereit sind unser Land in seiner Entwicklung zu fördern – dafür wollen wir ihnen unvergessliche Erfahrungen bieten, die sie mit nach Hause nehmen. Sie kommen als Gäste und gehen als Freunde.“

Klingt doch gar nicht so anders, als jener Tourismus, wie man ihn sich in Österreich bzw. Tirol, wünscht, oder? „Das zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, über den eigenen Tellerrand zu blicken und den Kontakt mit internationalen Partner*innen weltweit zu suchen. Dabei werden spannende Konzepte, Gedanken und Ansätze ausgetauscht, die aus dem eigenen Systemdenken nicht entstehen würden“, resümiert Lukas Krösslhuber den weit gereisten Besuch am Wilden Kaiser.

Fotos zur kostenlosen redaktionellen Verwendung gibt’s hier zum Download.

CREDIT: TVB Wilder Kaiser/Theresa Aigner