Erste Ernte des Galtürer Enzians für beliebten Enzianbrand

Aktualisiert am 14.10.2021

Der „Enzner“ ist ein herbes Destillat aus der Wurzel des Gelben Enzians und wird in Galtür seit Jahrhunderten gebrannt. Bisher wurde der Schnaps nur für den Privatgebrauch gebrannt, denn die Heilpflanze ist geschützt und wächst in schwer zugänglichem Gelände. 2017 startete der Galtürer Schnapsbrenner Hermann Lorenz in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Tirol und der Münchner Agrarbiologin Centa Kirsch das Projekt „Galtürer Enzian“. Ziel ist es, eine nachhaltige Nutzung des Gelben Enzians zu ermöglichen. In diesen Tagen fand die erste Ernte des größten kultivierten Enzianfelds im Alpenraum statt.

Das Anbau-Projekt Galtürer Enzian von Schnapsbrenner Hermann Lorenz © Christian Forcher

Die besondere Geschichte des „Galtürer Enzners“ zählt seit 2013 zum immateriellen Kulturerbe Österreichs. Im Galtürer Raum wächst der wilde, punktierte Enzian auf einer Höhe von 1.800 bis 2.600 Metern und entwickelt sich aus kleinen, kohlkopfähnlichen Blattbüscheln zu meterhohen, kräftigen Pflanzen mit daumenstarken, hohlen und kahlen Stängeln, die ein Alter von bis zu 60 Jahren erreichen können. Erst nach fünf bis zehn Jahren beginnt der gelbe Enzian zu blühen und pausiert nach jeder Blüte einige Jahre.

In homöopathischen Mengen mit der gebotenen Ehrfurcht getrunken, gilt der aromatisch-erdige Wurzelbrand bei den Einheimischen als Medizin. Bisher entschied ein Los über 13 einheimische, glückliche Gewinner, die je 100 Kilogramm Wurzeln des blühenden gelben Enzians ausgraben durften, um sich daraus ca. sechs bis sieben Liter des begehrten Schnapses für den Privatverbrauch brennen zu lassen. Diesen hart erarbeiteten „Galtürer Enzner“ gibt es nicht zu kaufen und unter Galtürern heißt es nicht zu Unrecht, man müsse ihn sich hart verdienen.

2017 begann man mit der Enziankultivierung in Galtür – 4 Jahre später erfolgt die erste Ernte. © TVB Paznaun-Ischgl

Enzianbrand für die Allgemeinheit

2021 kommen nun auch „Nicht-Galtürer“ in den Genuss des „Galtürer Enzners“. Der örtliche Schnapsbrenner Hermann Lorenz erntete diese Woche erstmalig einen Teil der über 12.000 kultivierten Enzian-Pflanzen, die im Jahr 2017 gesetzt wurden. Aus diesen ersten Wurzeln soll nun der beliebte Enzianbrand destilliert werden. Um einen durchgängigen Bestand zu gewährleisten, wurden nach 2017 kontinuierlich tausende weitere Enzian-Pflanzen gesetzt. Die Erkenntnisse aus der ersten, behutsamen Ernte werden den Weg für den künftigen Ernte-Rhythmus sowie den idealen Ernte-Zeitpunkt weisen. Es herrscht jedenfalls bereits große Nachfrage nach dem hochwertigen Enzianbrand. Preislich soll sich der Liter-Preis bei etwa 280 € belaufen.

Präsentation der ersten Ernte des Galtürer Enzians durch Wendelin Juen, Hermann Lorenz und Jens Bohn (von links) © TVB Paznaun-Ischgl

Um die gesamte Pflanze zu nutzen, testet man seit mittlerweile fast zwei Jahren weitere Verwendungszwecke der wertvollen Heilpflanze, etwa im Kosmetik-Bereich. Neben den bekannten, traditionellen Anwendungsgebieten des gelben Enzians (verdauungsfördernde und magenschonende Wirkung) hat die Pflanze auch ein großes Potential bei äußerer Anwendung. So wirkt sie auf die Haut zum Beispiel entzündungshemmend und beschleunigt die Wundheilung. Die ersten Produkte sollen noch dieses Jahr zum Verkauf angeboten werden.

Im Galtürer Raum wächst der wilde, punktierte Enzian auf einer Höhe von 1.800 bis 2.600 Metern © Christian Forcher

Weitere Infos: www.galtuer.com.

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