Interview: „Die Strecke in Innsbruck ist wirklich hart“

Aktualisiert am 29.09.2018

Der Italiener Paolo Bettini ist eine Legende im Radsport. Mit presse.tirol sprach er über die WM in Innsbruck-Tirol und sein Leben nach der aktiven Karriere.

presse.tirol: Welche Erinnerungen kommen bei Ihnen hoch, jetzt wo Sie hier bei der Straßenrad WM sind?

Bettini: Es ist sehr bedeutend für mich hierher zurückzukommen, wieder bei einer österreichischen Weltmeisterschaft dabei zu sein. 2006 habe ich in Salzburg den Titel geholt, nach so vielen Jahren, in denen ich vergeblich versucht hatte Weltmeister zu werden. Bereits seit April, als die Vorbereitungen für die Tour of the Alps begannen, spricht man immerzu von den Weltmeisterschaften. Und ich werde dabei immer sehr emotional.

presse.tirol: Wie hat der Sieg in Salzburg 2006 Ihr Leben verändert?

Bettini: Ich musste zwar lange darauf warten, eine Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft zu gewinnen, doch ich hatte das Glück bereits zuvor bei den Olympischen Spielen gewonnen zu haben. Trotzdem, das Regenbogentrikot ist etwas ganz Besonderes, eine Art Symbol, das man das ganze Jahr über tragen darf. Es hat meine Karriere nicht maßgeblich verändert, doch es war, nach alldem, was ich bereits geschafft hatte, das Sahnehäubchen. Die größte Veränderung habe ich sicher nach der WM bemerkt, als ich dann mit dem Regenbogentrikot in die nächsten Rennen gegangen bin. Da habe ich enormen Respekt von meinen Mitstreitern erhalten – die Großteils immer noch gute Freunde sind.

presse.tirol: Vermissen Sie die Zeit als Radprofi manchmal?

Bettini: Nein, nein. Ich bin zwölf intensive Jahre lang an der Weltspitze mitgefahren, ich habe sehr viel gewonnen. Als ich mich dazu entschied aufzuhören, habe ich das mit einer großen Leichtigkeit gemacht, und mir war bewusst, dass es eine wichtige Entscheidung fürs Leben sein würde. Ich habe dann herausgefunden, dass das wirkliche Leben etwas ganz anderes ist. Die Karriere als Radprofi war zweifelsfrei großartig, aber es ist nur ein kurzer Abschnitt, das Leben geht dann weiter. Und dann hat begonnen, was ich eben „das richtige Leben“ nenne. Trotzdem bin ich noch sehr mit meinen Sponsoren, meinen Freunden und meinen ehemaligen Gegnern verbunden.

presse.tirol: Was macht Paolo Bettini heute?

Bettini: Wie erwähnt bin ich noch in engem Kontakt mit drei Firmen des Radsports, die mich während meiner aktiven Zeit unterstützt haben. Ich arbeite für sie und es gefällt mir sehr, meine jahrelange Erfahrung in die Entwicklung ihrer Produkte einzubringen und ihre aktuellen Fahrer zu unterstützen. Ansonsten habe ich immer noch einige Medienauftritte, die ich aufgrund meiner Karriere machen darf.

presse.tirol: Der allgemeine Tenor geht in die Richtung, dass dies hier die schwierigste Straßenrad-Weltmeisterschaft aller Zeiten wird. Was sagen sie dazu?

Bettini: Also ich muss sagen, wenn ich selbst starten müsste, würde ich mir schon einige Gedanken machen. Es wäre nämlich auch für mich ein wirklich herausfordernder Kurs. Nicht unmöglich, denn bei schwierigen Rennen, war ich immer sehr gut. Aber diese Strecke heuer in Innsbruck ist wirklich hart. Das ist eine sehenswerte und interessante Weltmeisterschaft. Endlich, denn es ist natürlich richtig, den Experten für die flachen, schnellen Passagen Möglichkeiten zu eröffnen. Aber ab und zu sollen auch die Bergspezialisten und Langstreckenexperten eine Chance bekommen – und die bekommen sie jedenfalls bei dieser Weltmeisterschaft.

Paolo Bettini (geboren  1974 in Cecina, Italien) gilt als einer der besten Rennfahrer seiner Generation für schwere Eintagesrennen und er konnte zahlreiche große Rennen gewinnen, etwa Mailand–Sanremo oder die Lombardei-Rundfahrt. 2004 wurde Bettini Olympiasieger und in den Jahren 2006 und 2007 Radweltmeister. Sein Spitzname „il Grillo“ (dt. die Grille), erwarb er durch seine Fähigkeit, einem Feld wie im Sprung davonzufahren.

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