Wenn Tirols Berge leuchten

Aktualisiert am 09.06.2021

An zwei Wochenenden im Juni werden die traditionellen Bergfeuer entzündet. Die „Sonnwendfeuer“ und „Herz-Jesu-Feuer“ zeichnen ihre mythischen Lichter in die Dunkelheit der Tiroler Bergwelt.

Die Lichterketten im Rofangebirge sind kilometerweit zu sehen. Foto: Grießenböck

Zur Sonnenwende leuchten Tirols Berge im Schein unzähliger Feuer. Viele Bergrücken tragen ihre hellen Lichterketten zur Schau, die bis weit ins Tal strahlen. Das besondere Ereignis kann man an zwei Wochenenden im Juni verfolgen. Am 18. Juni werden die traditionellen Sonnwendfeuer mit ihren hellen Lichterketten entfacht. Und dann gibt es noch die spektakulären Feuerbilder und Symbole zu Herz-Jesu, die bereits am 5. Juni entzündet werden. Aber warum gibt es die Tiroler Bergfeuer eigentlich im Doppelpack? Es sind zwei Bräuche die auf unterschiedliche Ursprünge zurückgehen. Während beim Sonnwendfeuer der Sommer begrüßt wird, geht das „Herz-Jesu-Feuer“ auf ein historisches Gelöbnis aus dem Jahr 1776 zurück.

Lichterketten zieren die Bergrücken

Zur Sonnenwende, wenn der längste Tag auf die kürzeste Nacht trifft, wird der Sommer in Tirol mit vielen Feuern am Berg begrüßt. In diesem Jahr ist dies der 18. Juni. Die Sonnwendfeuer gehören zu den am weitest verbreiteten Bergfeuerbräuchen im Alpenraum. Sie gehen auf vorchristliche Riten zurück. Lange vor Einbruch der Dunkelheit machen sich die Menschen auf den Weg, um ihre Fackeln und Feuerstellen am Berg aufzustellen. In der Region Alpbachtal, genauer gesagt am Sonnwendjoch, übernimmt dies seit Jahren die Bergrettung Kramsach. Viel Erfahrung, lange Planung und eine große Portion Idealismus der Feuerbrenner gehören dazu, um dieses einzigartige Schauspiel zu ermöglichen. Mit im Gepäck haben sie gut 150 Fackeln. Über die Jahrzehnte hat man schon vieles als Brennmaterial ausprobiert: Von benzingetränktem Pappmaschee, bis hin zu Aludosen, die mit Sägespänen gespickt waren. Doch die wesentlich umweltfreundlichen Wachskerzen haben sich durch ihre lange Brenndauer und leichte Handhabung durchgesetzt. Um ca. 21.45 Uhr, bei Einbruch der Dunkelheit, werden die Feuer entzündet. Auf dem gut 2 km langen Grat, mit dem imposanten Sagzahn, stehen die Männer in regelmäßigen Abständen und warten auf ihr Zeichen. Nach und nach erhellen die Lichtpunkte das Bergmassiv. Die schroffen Bergspitzen leuchten im Schein der Feuer. Vereine wie dieser sorgen für einen atemberaubenden Anblick.  

Die Feuerbilder und ihr altes Gelöbnis

Sonnwendfeuer am Rosskogel oberhalb von Kramsach.

Eine Besonderheit, die in allen Teilen Tirols (Süd-, Nord-, Osttirol) zelebriert wird, stellen die so genannten Herz-Jesu-Feuer dar. Sie haben ihren Ursprung in den Kriegswirren des Jahres 1796.

Zum Hintergrund: Als die Franzosen kampfbereit vor den Toren Tirols standen, traf die Schreckensnachricht das Land völlig unvorbereitet. Denn bisher war Tirol durch ein verliehenes Privileg des Kaisers Maximilian I. von Kriegen weitestgehend verschont geblieben. Um sich göttlichen Beistand in dieser aussichtslosen Lage zu erbitten, wurde ein Gelöbnis abgelegt: Jährlich zu Herz-Jesu sollen die Feuer am Berg entzündet werden. Andreas Hofers Truppen besiegten überraschend die Heere. Der Herz-Jesu-Sonntag (3ter Sonntag nach Pfingsten) wurde zum hohen Feiertag.

Heute geht es natürlich nicht mehr um blutige Auseinandersetzungen zwischen Tirolern, Bayern und Franzosen. Kaum ein Tiroler wird an diesem Tag zum Patrioten. Vielmehr erinnert der Herz-Jesu-Sonntag an die bewegte Geschichte Tirols. Dazu machen sich viele Vereine und Schützenverbände aus den Orten auf den Weg, um an diesem Abend ihre Höhenfeuer zu entzünden. Großflächige Symbole, wie Kreuze oder Herze, leuchten bei Anbruch der Dunkelheit von den Bergen.