Quer durch Tirol auf der Reise zu sich selbst

Aktualisiert am 14.07.2021

Schritt für Schritt mehr bei sich selbst ankommen und fernab von allen Verpflichtungen zurück zum Wesentlichen finden: Eine Pilgerwanderung ist auch eine Reise zu sich selbst – und führt dabei quer durch die schönsten Naturlandschaften. In Tirol laden vier große Pilgerwege zur Entschleunigung ein: Ein Überblick über besinnliche Wege und Wallfahrtsstätten vom Arlbergpass bis nach Osttirol.

Romedikirche Thaur © Hall-Wattens

Der Weg ist das Ziel: Diese Erkenntnis gehört mit Sicherheit zu den wichtigsten Erkenntnissen des Pilgerns – ganz unabhängig davon, aus welchen Beweggründen man die Pilgerwanderung antritt. Wer zu Fuß unterwegs ist, hat Zeit, die eigenen Gedanken zu ordnen. Auf geschichtsträchtigen Pfaden und in der Natur gelingt es, innerlich zur Ruhe zu kommen, obwohl man ständig unterwegs ist. Und es ist eine spannende Gelegenheit, den eigenen Körper und seine Stärken kennenzulernen: Wie weit werden die Füße heute tragen?

Pilgern in Tirol: Vier Wege
Ganz im Gegensatz zu den bekannten Pilgerzielen in Spanien sind Pilger in Tirol noch nicht so häufig anzutreffen. Deshalb dürfen sich Pilger hier auf wenig überlaufene Pfade und Ruhe freuen. Gleichzeitig bietet sich aber immer wieder Gelegenheit, entlang der Wege mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. Und natürlich ist es vor allem die Landschaft, die eine Pilgerwanderung in und durch Tirol zu einem besonderen Erlebnis macht.

Der Klassiker
Der bekannteste Pilgerweg, der Jakobsweg, führt natürlich auch durch Tirol. Hier folgen Pilger dem historischen Weg (auch Via Tirolensis genannt) von Strub/Waidring durch das Inntal bis nach St. Christoph. Dort, am Arlbergpass, erreicht man auch den höchsten Punkt des gesamten Jakobsweges. Viele Orte entlang des Weges sind dem Heiligen Jakob gewidmet und sind Zeuge für die historische Bedeutung dieses Klassikers in Tirol: Schon im Mittelalter sollen Pilger nämlich durch das Inntal unterwegs gewesen sein.
Auf Forst- und Asphaltstraßen sowie Waldwegen legt man am Tiroler Jakobsweg 270 Kilometer zurück. Wie viele Kilometer an einem Tag bewältigt werden, bleibt jedem Pilger selbst überlassen: Empfohlen werden 11 bis 13 Etappen. Unterkünfte findet man entlang des Weges in fast jedem Ort, zusätzlich bieten zahlreiche Pfarreien Schlafstätten für Pilger.

Jakobskreuz in St. Jakob in Haus © Sina Bodingbauer/TVB PillerseeTal – Kitzbüheler Alpen

Über die Grenzen hinaus
Der Marien-Weg Nr. 2 ist Teil eines grenzüberschreitenden EUREGIO-Projekts: Bestehende, historische Wege wurden dabei zu insgesamt sechs Rundwanderwegen verbunden. Seine Besonderheit: Entlang der Strecke finden sich zahlreiche Kapellen, Kirchen und Wallfahrtsorte, die alle mit der Mutter Gottes, der Heiligen Maria, in Verbindung stehen.
Der Marien-Weg Nr. 2 führt auf 309 Kilometern von Marienbrunnen in Kufstein über Kössen bis Lofer und zurück nach Fieberbrunn, von dort aus dann nach St. Johann in Tirol bis nach Going. Vorbei am markanten Wilden Kaiser verläuft der Weg bis nach Kramsach, weiter nach Bayrischzell und Kiefersfelden und zurück zum Ausgangspunkt in Kufstein. Dieser Pilgerweg ist technisch leicht zu bewältigen, erfordert aber gute Kondition: Empfohlen sind 13 Tagestouren zwischen 20 und 29 Kilometern. Unterkünfte sind entlang der Strecke leicht zu finden.

Marienbrunnen in Kufstein © Lolin/TVB Kufsteinerland

Der Hochalpine
Ein Küken unter den Pilgerwegen ist auch der Romediusweg: Er wurde 2014 ins Leben gerufen und beeindruckt mit hochalpiner Streckenführung, imposanter Landschaft, fantastischen Ausblicken und grenzenloser Freiheit.
Der Weg verläuft vom Romedikirchl in Thaur bis zum italienischen Wallfahrtsort San Romedio im Nonstal/Trentino: Hier sind Pilger dem mittelalterlichen Volksheiligen und Eremiten Romedius auf der Spur. Unterwegs laden Wallfahrtsstätten wie Maria Waldrast zur besinnlichen Pause ein. Alpine Erfahrung, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und passende alpine Ausrüstung sind auf diesem Pilgerweg ein Muss, um Pässe und Joche sicher überwinden zu können. Insgesamt müssen am 180 Kilometer langen Romediusweg an die 10.000 Höhenmeter gemeistert werden, 12 Etappen sind empfohlen. Jede Etappe endet wieder im Tal, hier sind auch gemütliche Unterkünfte zu finden.

Wallfahrtsort Maria Waldrast mit Serles © Tirol Werbung, Bernhard Aichner

Jede Etappe ein Motto
In alpine Lagen führt auch der grenzüberschreitende Bergpilgerweg „Hoch & Heilig“ in Osttirol: Auf alten Pilgerpfaden verläuft die knapp 200 Kilometer lange Strecke von Lavant über Innichen in Südtirol bis nach Heiligenblut in Kärnten. Am Weg liegen Kapellen und Wallfahrtsorte, aber auch heilsame Kraftplätze in der Natur. Zu jeder der neun Etappen gibt es außerdem ein eigenes Motto mit inspirierenden Geschichten und Übungen.
Insgesamt müssen entlang des Weges 13.000 Höhenmeter bewältigt werden. Aber keine Sorge: Bei jeder Etappe ist der Ein- und Ausstieg möglich. So kann jeder Pilger seinen persönlichen Weg zusammenstellen. Auch hier sind Bergerfahrung, gute Kondition und passende Ausrüstung essentiell. Zudem können am „Hoch & Heilig“-Weg auch Pilgerführer für ein oder mehrere Etappen gebucht werden.

Wallfahrtskirche Lavant in Osttirol © Tirol Werbung, Bernhard Aichner

Kraft und Besinnung: Wallfahrtsorte
Neben den Pilgerwanderwegen sind in Tirol auch zahlreiche Wallfahrtsstätten zu finden. Die meisten von ihnen sind Marienwallfahrtsziele und gehen auf Marienerscheinungen zurück.
Hoch über dem Inntal am Mieminger Plateau thront etwa die Wallfahrtskirche Maria Locherboden. Im 18. und 19. Jahrhundert soll es hier Wunderheilungen gegeben haben und noch heute ist die Kirche Ziel vieler Hilfesuchender.
Eingebettet in eine beeindruckende Bergkulisse und am Fuße der Serles liegt das Wallfahrtskloster Maria Waldrast: Das Kloster ist nicht nur einer der ältesten Marien-Wallfahrtsorte Tirols, sondern auch einer der höchstgelegenen in ganz Europa. Für Gläubige, aber auch für Wanderer auf dem Weg zur Serles ist die rund 400 Jahre alte Kirche Kraft- und Besinnungsort.
Die Kraft der Natur zeigt sich auch auf dem Weg zum Kloster St. Georgenberg: 354 Stufen und Holzbrücken sind auf der Strecke durch die wildromantische Wolfsklamm bei Stans zu überwinden. Dieser Pilgerweg ist Teil des Jakobsweges und verbindet die Klamm mit dem ältesten Wallfahrtsort Tirols.

Kirche am Georgenberg in Stans © Aichner Bernhard/Tirol Werbung

Kraftorte in der Natur
Nicht immer sind es Kirchen und Kapellen, die zum Innehalten einladen. Wer in Tirol unterwegs ist, entdeckt immer wieder Plätze in der Natur, die zum ganz persönlichen Kraftort werden können.
Geradezu mystisch ist etwa die Tischoferhöhle im Kaisertal im Kufsteinerland. Auf dem Weg dorthin braucht man aber erst einmal Kondition: 307 Stufen warten beim Aufstieg, dann führen Serpentinen wieder Richtung Talboden hinab bis zur geheimnisvollen Höhle. Schon in frühesten Zeiten haben die Menschen hier Schutz gesucht, wie archäologische Ausgrabungen zeigen. 40 Meter tief kann man in die Höhle eindringen und die einzigartige Stimmung selbst erleben.
Nicht in die Tiefe, sondern vielmehr dem Himmel ganz nah ist man hingegen an diesem Kraftplatz: Dem Windschutzpavillon am Stripsenkopf im Kaisergebirge. Das überdachte Plätzchen liegt unweit vom Stripsenjochhaus und ist über einen schmalen Bergpfad erreichbar. Feste Schuhe und Trittsicherheit sind hier notwendig, zudem sollte der Weg nur bei Schönwetter begangen werden. Oben angekommen belohnt der beeindruckend schöne Blick, der an klaren Tagen bis ins Inntal reicht: Der ideale Platz, um Gedanken fliegen zu lassen.

Stripsenkopf im Kaisergebirge © Michael Schirnhofer/TVB Kufsteinerland

Mehr Informationen zu Pilgerwegen, Wallfahrtsorten und Kraftplätzen: www.tirol.at

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